Donnerstag, 22. Dezember 2016

Die wohl berühmteste Tasse Tee Weimars

Bei einem köstlichen Tässchen Tee, möchte ich den Ausklang des Jahres nutzen, die Geschichte über eine sehr berühmte Tasse Tee wiederzugeben und dabei eine Bitte an meine Leser heranzutragen, ein Projekt des Freundeskreises des Goethe-Nationalmuseum e.V. zu unterstützen, von dem wir erstmals bei unserem letzten Besuch vor Ort in Weimar hörten.
Im späten 18.Jahundert und frühen 19.Jahrhundert wählten viele Berühmtheiten die schöne Stadt an der Ilm zu ihrem Sehnsuchtsort. Heuten stehen sie oft im Schatten der beiden Dichter Johann Wolfgang von Goethe und Friedrich Schiller, umso wichtiger ist es, an sie zu erinnern, denn allein das Zusammenspiel all der großen und kleinen Berühmtheiten formte Weimars Bedeutung.
While enjoying a cup of tea, I'd like to take the ending of the year as a chance to tell my readers about a famous cup of tea and ask for their support in a most wonderful little project of the Freundeskreis Goethe-Nationalmuseum e.V., which came to our ears on our past journey to Weimar.
In the late 18th and early 19th century plenty of prominence have chosen to stay in the beautiful town at the river Ilm. Today they often stand out of the limelight of Johann Wolfgang von Goethe and Friedrich Schiller, hence the more important it is to be reminded of them, because their interaction formed Weimar's repute.

1806, Johanna Schopenhauer mit Tochter Adele, Caroline Badura (Quelle/source: wikimedia)
Der Einfachheit halber, möchte ich den folgenden Text des Freundeskreises Goethe-Nationalmuseum e.V. Weimar wiedergeben: 
Spendenaufruf zu einer Gedenktafel für Johanna Schopenhauer in der Schillerstraße
Die wohl berühmteste Tasse Tee Weimars wurde am 20.Oktober 1806 von der Saloniere Johanna Schopenhauer an Goethes frisch angetraute Gattin Christiane gereicht. Mit den unsterblichen Worten "ich dencke wenn Göthe ihr seinen Namen giebt können wir ihr wohl eine Tasse Thee geben", durchbrach sie die Mauer des Schweigens, mit der die Weimarer Gesellschaft die Lebensgefährtin Goethes bis dahin geächtet hatte.
Allein für diese ebenso große wie geistreich formulierte Geste verdient Johanna Schopenhauer (1766-1838) bis heute Hochachtung der Freunde Goethes und seiner Familie. Doch hatte die Schopenhauer durchaus noch andere Verdienste, die sie zu einer unentbehrlichen Persönlichkeit im "Klassischen Weimar" haben werden lassen. Nach den zweitägigen Plünderungen im Gefolge der verlorenen Schlacht bei Jena am 14.Oktober 1806 war die weitgereist-weltläufige, hochgebildet-redegewandte und charmant-großzügige Frau genau die Richtige, um der schockgelähmten Weimarer Gesellschaft zunächst Halt und nach und nach wieder neuen Mut zu geben. Dies gelang ihr durch Einrichtung abendlicher Teegesellschaften, in die sich jeder, sobald er in den geselligen Kreis einmal eingeführt war, ohne weitere Anmeldung einfinden konnte. Diese offene Form der Salongeselligkeit für beide Geschlechter war neu in Weimar und fand großen Anklang.
Mit Hilfe des Stadtarchivs Weimar konnte nun der genaue Ort des ersten und bedeutenden Salons der Schopenhauer ermittelt werden. Von 1806 bis 1813 wohnte sie im Haus der Hofrätin Johanna Caroline Amalie Ludecus, die sich als Schriftstellerin Amalie Berg nannte, in der Esplanade, später Schillerstraße Nummer 10, also nur zwei Häuser weiter rechts neben dem Schillerhaus. Allerdings ist das auf der alten Stadtmauer errichtete Gebäude 1896/97 durch das sogenannte Gewerbehaus ersetzt worden, in dem heute die Kreishandwerkschaft ihren Sitz hat.
Bisher gibt es in Weimar keinen Ort des Erinnerns an die einst so hoch geschätzte und weit über die Grenzen der Stadt hinaus bekannte Johanna Schopenhauer; ihre Grabstätte befindet sich in Jena, die Schopenhauerstraße meint ihren Sohn Arthur. Es ist an der Zeit, diese große Dame Weimars mit einer eigenen Gedenktafel zu ehren. Der Tafeltext könnte wie folgt lauten:
"Hier stand das Haus, in dem die Schriftstellerin Johann Schopenhauer (1766-1838) von 1806 bis 1813 ihren berühmten Salon führte"
Der Preis für eine Tafel mit diesem Text liegt bei ca. 1300 Euro. Wenn Sie dieses von zahlreichen Verehrerinnen und Verehrern in und außerhalb Weimars schon lange geforderten Vorhaben des Freundeskreises des Goethe-Nationalmuseums e.V. Weimar unterstützen möchten, bitten wir Sie herzlich um eine Spende auf folgendes Konto:
Freundeskreis Goethe Nationalmuseum e.V. 
Sparkasse Mittelthüringen Erfurt
DE34 8205 1000 0365 0003 37 
BIC/SWIFT HELADEF1WEM
Stichwort: Schopenhauer

I'd like to share the text of the Freundeskreis Goethe Nationalmuseum e.V. Weimar:
Call for donations to build a commemorative plaque for Johanna Schopenhauer in the Schillerstrasse
 Probably the most famous cup of tea in Weimar was served on the 20th October 1806 from the saloniere Johanna Schopenhauer to Goethe's newly wed wife Christiane. With the immortal words "I guess if Goethe has given her his good name, we can kindly offer her a cup of tea" she tore down the wall of rejection, which the Weimar society had bestowed on Goethe's wife to ostracize her.
For this generous and witty gesture alone Johanna Schopenhauer (1766-1838) truly deserves the respect of Goethes family and friends and all of us til today. But she has plenty more merits, which have helped her to become an essential part of the "Classic Weimar". After the two days of marauding and looting past to the lost battle in Jena on the 14th October 1806, the sophisticated, eloquent and charming generous woman was there to keep the deeply shocked Weimar scociety grounded and gradually give them back hope and strenght. She succeeded to do so with her vespertine tee salons, which were open to everyone once introduced to the circle, without invitation. This informal practice of social gathering for both sexes was new to Weimar and quickly well received.
With the help of the Stadtarchiv Weimar (city's archive) the exact place of this salon could be identified. From 1806 to 1813 Johanna Schopenhauer stayed at the house of court counselor Johanna Caroline Amalie Ludecus, whose pseudonym as writer was Amalie Berg, at the Esplanade, later Schillerstrasse No.10, only two houses away on the right from the Schillerhouse. Unfortunately the original building on the grounds of the former town's wall was replaced in 1896/97 by the Gewerbehaus, which today is seat of the District Craft Trades Association.
So far there's no place of commemoration of the once so highly estimated and famous Johanna Schopenhauer in Weimar; her grave is in Jena, the Schopenhauerstrasse dedicated to her son Arthur. It's time to pay tribute to this grand dame of Weimar with a commemrative plaque. The text would read as follows:
"Hier stand das Haus, in dem die Schriftstellerin Johanna Schopenhauer (1766-1838) von 1806 bis 1813 ihren berühmten Salon führte"
(translation: "Here's the place, where the famous writer Johanna Schopenhauer (1766-1838) held her salon (circle) from 1806 to 1813")
The price for the plaque is approx 1300 Euro. If you'd like to support the project of the Freundeskreis Goethe-Nationalmuseum e.V. for long due commemorative plaque, we'd kindly ask you to donate to:
Freundeskreis Goethe Nationalmuseum e.V. 
Sparkasse Mittelthüringen Erfurt
DE34 8205 1000 0365 0003 37 
BIC/SWIFT HELADEF1WEM
keyword: Schopenhauer
1794, Johanna Schopenhauer, Zeichnung von Gus. Guibert (Quelle/source: zeno.org)
Vielen herzlichen Dank. 
Meine Tasse Tee ist geleert und es bleibt mir meinen Lesern alles Gute für das kommende Jahr zu wünschen. Ich hoffe, wir sehen uns im Januar!
Thank you very very much.
My cup of tea is empty and I'd like to wish my readers all the best for the coming year. I hope to meet you again in January!

Edit:
Wer neugierig auf Johanna Schopenhauer geworden ist, auf Alessandras Seite Pavillon de la Paix gibt es auch noch einen Beitrag.
If you're curious to read more about Johanna Schopenhauer, there's further info on Alessandra's blog Pavillon de la Paix.

Samstag, 17. Dezember 2016

Weimar zwischen Alltag und Arkadien

Wenn sich der Jahreskalender allmählich ausdünnt, richtet sich der Blick unvermeidlich zurück zu den vergangenen Tagen und mit besinnlichem Gemüt rufen wir uns Erinnerungen lebendig ins Gedächtnis.
Einer der Höhepunkte dieses Jahres war für mich wieder einmal der Besuch im wunderschönen Weimar im letzten September und ich muß gestehen, der Gedanke an die herrlich unbeschwerte Zeit trägt mich durch diese doch eher als düster empfundenen Wintertage.
Das Motto war "Weimar zwischen Alltag und Arkadien" und wir sind ihm tatsächlich mehr als gerecht geworden, denn ein wenig fühlen wir uns schon heimisch in der Klassikerstadt, die Schritte führen uns orientierter durch die gepflasterten Straßen, Plätze und Gassen sind uns vertrauter und immer öfter geben wir uns einfach dem Otium hin. Plauschend, Tee trinkend, lachend, schweigend, aber immer mit Muße...
At the end of the year, when the calendar finally gets thinner, we undoubtly take a glance at the passed days and we vividly remember happy days, which warm our hearts.
One of the highlights this year was again our visit to the beautiful town of Weimar past September and I have to admit, these carefree days carry me through the seemingly dark time of this winter.
Our motto back in September was "Weimar between every day life and arcadia" and we did it justice, because by now we truly feel at home in the town of classic, our steps were more determined on the cobbled streets, places and alleys were more familiar and we easily gave in to otium. Gossiping, tea drinking, laughing, silent, but always with idleness...

...bis auf einen Tag! Denn unser Freitag begann mit ein wenig Arbeit. Bei unserem letzten Besuch auf dem historischen Friedhof hatten wir einige vernachlässigte Grabstellen bemerkt und uns gefragt, ob wir da nicht Abhilfe schaffen könnten. Freundlicherweise stieß unsere Idee vor Ort auf fruchtbaren Boden und einige Grabstellen wurden für unsere angedachte Gartenarbeit ausgesucht.
Freitagvormittag schnürten wir unsere Schürzen, krempelten die Ärmel hoch und erschienen mit einem Bollerwagen voller Gartengeräte und Pflanzen auf dem Friedhof.
...except one day! Because our Friday started with a bit of labour. On our previous visit of the historic cemetery we spotted quite some neglected graves and wondered, whether we could offer some help.
Luckily our idea was received with much appreciation and some graves were chosen for maintenance.
On Friday morning we grabbed our aprons, rolled up our sleeves and arrived at the cemetery with a handcart full of gardening tools and plants.
Entlang der Mittelmauer befindet sich die letzte Ruhestätte der Gebeine von rund 50 namenlosen französischen Soldaten die zwischen 1813 und 1814 in Weimar fielen und bei einer Ausgrabung 2012 in der Bauhausstrasse entdeckt worden waren.
Along the middle wall of the cemetery is the last resting-place of 50 nameless french soldiers, who died between 1813 and 1814 in Weimar, their remains were found during an excavation in the Bauhausstrasse in 2012.
Die schlichten Gräber waren vollständig überwuchert.
The plain graves were completely overgrown.
Nachdem die Stätten vom Unkraut befreit waren, hielten neue winterharte Pflanzen ihren Einzug.
After the sites were freed from weed, hardy plants found their new grounds.
 
Neben den Pflanzen hatten wir auch einen Strauß im Bollerwagen, dessen Blumen wir hier und dort niederlegten.
Beside the plants we've also had a bunch of flowers in the wheelcart, which we left on different graves.
Das Grab der Familie Johannes Daniel und Caroline Falk

Die letzte Ruhestätte von Charlotte Leidenfrost (1788-1848), die eine Lehr-und Bildungsanstalt für Mädchen gegründet und einige Bücher zur Erziehung herausgebracht hatte. 
Wer noch mehr über diesen Freitag erfahren möchte, auf ihrer Seite Pavillon de la Paix hat Alessandra ebenfalls einen Beitrag verfasst.
The grave of Charlotte Leidenfrost (1788-1848), who has founded a school for girls and also published books on female education.
More about this Friday on the cemetery is written on Alessandra's blog Pavillon de la Paix.

Am nächsten Morgen ging es dann schon sehr früh aus dem Bett, genauer gesagt noch vor Sonnenaufgang. In kleiner Runde fanden sich einige tapfere Frühaufsteher, um durch die noch schlafenden Gassen der Stadt in den Ilmpark zu ziehen und dort bei Goethe ein kleines Frühstück zu genießen und den neuen Tag zu begrüßen.
The next morning started very early, which means before sunrise. A small group of early birds met to range through the still asleep town to the park at river Ilm, to have breakfast at Goethe's garden house.
Eine unvergessliche Atmosphäre
An unforgettable atmosphere
Weimar schlief noch...
Weimar was still asleep...
...als wir zu Goethes Gartenhaus schlenderten.
...while we went to Goethe's garden house.
Eine Tasse starker Kaffee bereitete uns bestens für den Tag vor.
A cup of strong coffee prepared us well for the day.

(copyright F.Robardey)
Am späten Vormittag hatten wir uns stadtfein gemacht. Zur Mittagsstunde brachen wir auf zum Kirms Krackow Haus, ehe wir nachmittags die Kutsche hinaus zu Schloss Tiefurt nahmen, um die Herzogin Anna Amalia vor den Toren der Stadt auf ihrem Sommersitz zu besuchen.
In the late morning we've been dressed in our fine attire. Around noon we went to the Kirms Krackow House for a meal, before we took the carriage to Schloss Tiefurt, to pay a visit to Duchess Anna Amalia in her summer residence.
(copyright Julia Bennett Nelsen)
Monsieur T., Madame D. und ich im herrlichen Kirms Krackow Garten
Monsieur T., Madame D. and me in the quaint Kirms Krackow Garden.
(copyright Julia Bennett Nelsen)
Madame Bennett mit Mademoiselle Josephine in feinster Garderobe.
Madame Bennett and Mademoiselle Josephine in their finest.

Nach einem stärkenden Mahl ging es hinaus nach Tiefurt.
After a good hearty meal we went to Tiefurt.
(copyright F.Robardey)
Das Wetter war uns gütigst gestimmt, aber bevor wir uns zu einem Pique Nique niederlassen wollten, statten wir der kleinen Kapelle in Sichtweite des Schlosses einen Besuch ab.
The weather was awesome summerly, but before we settled for a lovely pique nique, we went to the small chaple just in sight of the residence.
(copyright F.Roardey)

Ein kleiner Spaziergang... 
A beautiful little walk...

(copyright F.Robardey)

...in die Kapelle...
...to the chapel...
(copyright F.Robardey)

...und zurück zum Schloss, ehe es in den Park ging.
...and back to the residence, before we ventured into the park.

(copyright F.Robardey)
Der Weg führte uns zum Teehaus...
The road led us to the Tea House...
(copyright F.Robardey)
Madame Bécasse des Bois und Monsieur T. vor dem Teehaus.
Madame Bécasse des Bois and Monsieur T. in front of the Tea House.

(copyright F.Robardey)
Madame R. vertieft in ihr Zeichenbuch.
Madame R. busily caught by her sketch book.
(copyright F.Robardey)
Bei einem vorzüglichen Mohnkuchen von Madame Bennett verging die Zeit rasch, ehe wir endlich zur Herzogin Anna Amalia vorgelassen wurden.
Spoiled with a delicious cake by Madame Bennett time flew by quickly until we were allowed to finally meet Duchess Anna Amalia.
(copyright F.Robardey)
Wir fanden Zeit ihre geschmackvolle Einrichtung zu bewundern.
We took time to admire her taste in interior.
(copyright Julia Bennett Nelsen)
Solch herrliche Räumlichkeiten bekommt man nicht jeden Tag zu sehen.
Such beautiful rooms are a rare sight.

Aber die Herzogin ließ auf sich warten...
But the duchess had us waiting...
(copyright F.Robardey)
...und warten...
...and waiting...
(copyright F.Robardey)
Aber das Warten zahlte sich aus und so erhielten wir eine weitere Einladung für einen informellen Besuch am nächsten Vormittag im Wittumspalais an der Esplanade.
But the waiting paid off and we received a further invitation for an informal visit on the next morning at the Wittumspalais at the Esplanade.
Am Sonntagmorgen fanden wir uns pünktlich um elf Uhr im Palais ein, aber noch lag eine Stille über den Gängen und in den Räumen und für uns hieß es abermals zu warten...
On Sunday Morning we arrived in time at the Palais, but the corridors and rooms were still neglected and again we had to wait...
(copyright F.Robardey)
...und warten...
...and waiting...
(copyright F.Robardey)
 In dieser Hinsicht hatten wir mittlerweile Übung, aber dennoch waren wir erfreut, als uns gestattet wurde, uns umzusehen.
In this regard we've excercised well, but felt relieved when we were allowed to take a walk through the rooms.
(copyright F.Robardey)
Madame R. bewundert eine Zeichnung.
Madame R. admires a sketch.
(copyright Julia Bennett Nelsen)
Madame Bennett bewundert das feine Spiegelglas (und vielleicht auch sich selbst - recht so)
Madame Bennett admires the fine mirrows (and maybe herself - right so)
(copyright F.Robardey)
Monsier R. im grünen Salon
Monsieur R. in the green room
(copyright S.Reil)
Madame Bécasse des Bois hält Ausschau, leider setzte an diesem Morgen, nach herrlich sonnigen Tagen, Regen ein.
Madame Bécasse des Bois looks out of the window, unfortunately, after days of sunshine, it started to rain.
(copyright F.Robardey)
Monsier T. sammelt Ideen für sein eigenes Haus.
Monsieur T. collects interior ideas for his home.
(copyright Julia Bennett Nelsen)
Madame D. und Mademoiselle Josephine tanzen.
Madame D. und Mademoiselle Josephine spend the time with dancing.
(copyright F.Robardey)
Allerdings gibt es weitaus weniger erbauliche Beschäftigungen als einen Morgen im Wittumspalais zu warten.
There are far more less appealing activities than waiting in the Wittumspalais.

Die Tage in Weimar waren herrlich entspannend: sonniges Septemberwetter, exzellente Gesellschaft, gute Speisen und erfolgreiche Besuche bei den ansässigen Händlern...davon zehrt man noch lang!
The days in Weimar were amazingly relaxing: sunny September weather, excellent company, good foods and successful shopping sprees...this is what good memories are made of!

Samstag, 3. Dezember 2016

Das Thaumatrop: Augentäuscher und Wunderscheibe

Allmählich nähert sich dieses, vielfach als merkwürdig bis hin zu erschreckend empfundene, Jahr seinem Ende und es verabschiedet sich mit seinem frostigen Samt auf Feld und Flur.
Diese kalte Jahreszeit nährt das Verlangen nach Süßspeisen und warmen Getränken und oftmals auch nach etwas Wärme für's Gemüt, kurz: Spielzeug, das einen dafür entschädigt, dass man nicht vor die Türe kommt.
Optische Spielereien erfreuten sich dabei schon immer großer Beliebtheit. Heute möchte ich eine kleine Kostbarkeit vorstellen, die - allen Bemühungen Hollywoods sie in die Zeit vor 1800 zu deklarieren zum Trotz - im Jahre 1825 erstmals in einschlägigen Journalen und Enzyklopädien auftauchte: das Thaumatrop.
Gradually this, often referred to as weird or even scary, year comes to an end and it takes leave with it's frosty velvet spread over the meadows and woods.
This cold season nourishes a yearning for sweets and warm beverages as well as for  warmth to the soul, in short: toys, which compensates for the lack of outdoor activities in the cold.
Optical illusions always have been popular. Today I would like to introduce a little gem, which - despite all efforts from Hollywood to put it in the time before 1800 - first was mentioned in the year 1825 in journals and encyclopedias: the thaumatrop.
Das gängigste Thaumtrop, der Vogel im Käfig (Quelle/source: accesoriosfimo via pinterest)
Die Bezeichnung "Thaumatrop" (griechisch "Thauma" = Wunder, "Trope" = Wendung) und seinen Statuts als Spielzeug erhielt es Mitte der 1820er Jahre durch William Henry Fitton und Dr. John Ayrton Paris. 
The term "thaumatrop" (greek "thauma" = wonder, "trope" = turner) and it's status as an optical toy were established in the mid 1820s by William Henry Fitton and Dr.John Ayrton Paris.

Für meine Wunderscheibe wählte ich dennoch ein früheres Motiv aus der Sammlung des British Museums, es handelt sich dabei um die Darstellung Le Bon Genre, La Dansomanie von 1802.
However I've chosen an earlier motive for my wonderturner, it's taken from the collection of the British Museum, Le Bon Genre, La dansomanie from 1802.

Die Materialliste ist recht überschaubar. Neben einem schönen Motiv bedarf es lediglich einer Pappscheibe (cremefarbene Finnpappe) und einem Band.
The list of materials is rather short. Next to a lovely motive, all it calls for is a piece of cardboard and two strings.
Das Papier wird mit Stärkekleber aufgebracht...
The papers are added with glue...
...und der Augentäuscher dann mit Bändern versehen.
...and the wonderturner then receives it's strings.

Der Geiger...
The violinist...
...und seine Tänzerin.
...and his dancer.

Durch Vorderseite und Rückseite getrennt, finden sie durch rasches Drehen der Bänder zusammen.
Separated through front and back, they'll eventually find together while quickly turning the strings.
Ein feines, kleines Geschenk, das in seiner herrlichen Nostalgie auch heute noch Freude bereitet.
Es lässt sich wunderbar in einem Brief versenden oder als zusätzliche Gabe einem Geschenk beilegen.
A fine gift, which still brings joy in it's lovely nostalgia. It can easily be sent in a letter or added to a present.

Montag, 14. November 2016

1799 Costume Parisien Chapeau à la Minerve

Kaum hatte ich im Frühjahr die Arbeiten an dem Costume Parisien Witterhorn Hut abgeschlossen, fand ich Geschmack an der verrückten Konstruktion eines weiteren französischen Hutes, der auf solch wunderbare Art und Weise die Hutmode der Zeit um 1800 widerspiegelt.
In meine Schwärmerei stimmte bald eine liebe Freundin ein und wir beschlossen, dass der Hut nach Fertigstellung ihren Kopf behüten sollte.
I hardly had finished the work on my Costume Parisien Witterhorn Hut, when I was attracted by the weird construction of another french hat, which displayed the height of fashion in headwear around 1800 wonderfully.
Soon a friend chimed into my rejoice about the hat and we agreed, that it would adorn her head once finished.
An 7 (1799) Costume Parisien, No. 90 Chapeau a la Minerve (Quelle/source: via pinterest)
Während sich die zukünftige Trägerin auf die Suche nach geeignetem Seidentaft begab, durchforstete ich weitere Modekupfer und erwarb die restlichen Materialien auf einem Antikmarkt.
While it future owner starts to look for suitable silk taffeta, I researched some similar fashion plates and purchased the required materials on an antique market.
An7 (1799) Costume Parisien, No 91 Chapeau a la Minerve (Quelle/source: Rijksmuseum)
Dem gewünschten Modekupfer No.90 folgte im Jahr 1799 der oben abgebildete Stich, der weitere Hinweise auf die Konstruktion lieferte...
The desired fashion plate No.90 was followed by the print above in the year 1799, it revealed further details for the reconstruction...
An7 (1799) Costume Parisien, No.92 Chapeau a la Minerve (Quelle/source: Dames a La Mode)
...ebenso wie der Kupfer in der darauf folgenden Ausgabe.
...just like the plate in the edition after that.

Nachdem die Konstruktion durch Finnpappe und Steifleinen Form angenommen hatte, galt es eine Alternative für die Kette zu finden, die im Text des Journal des Dames et des Modes No. XXIX 30 pluviose an7 nur vage beschrieben wurde [...] enjolivé de gances noires [...]
Meine Suche nach passenden Kettengliedern, die nicht zuviel Gewicht auf die Kopfbedeckung geben würden, blieben erfolglos, zudem wirkte die Kette in dem Kupfer eher weich und wenig metallisch, also nahm ich Draht und umwickelte ihn mit schwarzer Wolle.
After the construction took shape with the help of cardboard and buckram, I needed to find an alternative for the chain, which was only vaguely described in the text of the Journal des Dames et des Modes as No. XXIX 30 pluvoise an7 [...] enjolivé de gances noires [...]
My search for matching chain pieces, which wouldn't add too much weight on the headwear, remained unsuccessful, furthermore I had the impression that the chain in the plate seems soft and not metall made, hence I've decided on a wire, which was wrapped with woolen thread.
 
Die Arbeit nahm ein wenig Zeit in Anspruch, aber das Ergebnis rechtfertigte die Mühen... 
The work took quite a while, but the result was worth all the labour...

Der Hut aus Finnpappe wurde mit Flanelltuch gegen etwaige Unebenheiten bezogen. Die Krone des Hutes besteht aus einem Drahtrund und Steifleinen und ist leicht gewölbt.
Weiteres Material war ein cremefarbenes, seidenes Hutband, zugeschnitten Schrägband in Schwarz aus Chintz, ein schwarzes Kinnband, eine kleine Schnalle und natürlich gelber Seidentaft.
The hat base of cardboard was covered with a flannel layer to settle possible unevenness. The crown was made from wire and buckram and is slightly domed.
I also used the following material: creme-coloured silk groisgrain, bias cut ribbon from black chintz, a chin strap and a buckle and silk taffeta in yellow.


Die Form eines Helmes ist gut zu erkennen. Zunächst wird der vordere Teil bis zum Hutband mit der Seide bezogen, hier liegt der Stoff sehr eng an. Der Rest des Hutes wird dann mit einem Schlauch aus Seidentaft bezogen und in Form gebracht.
The shape of a helmet is evident. First the front of the hat up to the hat band is covered with the taffeta, the fabric must embrace the base smooth and snug. The rest of the hat then is covered with a taffeta tube, which is put in shape and then stitched down.

Das Hutband verdeckt geschickt die Nahtstelle.
The hat band hides the connection of the two pieces of taffeta.
 

Hier zeigt sich sehr schön, dass der Hut etwa auf der Höhe des Hutbandes auf dem Kopf aufliegt und der Hut so in Balance gehalten wird.  
The hat rests on the top of the head at the height of the silk hat ribbon, this is how the hat is balanced.



Für das Futter habe ich Baumwolle verwendet.
I used cotton for the lining.
Die Anlehnung an einen Helm ist unverkennbar.
The helmet shape is apparent.

Die linke Seite wird im Kupfer nicht offenbart. Ich hatte künstlerische Freiheit bei der Gestaltung und entschied mich für eine gefächerte Faltenlegung, da ich die Form einer Blume für einen Minervahelm unpassend fand.
The left side isn't revealed in the plate. I took the liberty of art to shape the taffeta into fan-like pleats, instead of forming a flower, which I thought unsuitable for a minerve helmet.

(copyright Julia Bennett Nelsen, The Bohemian Belle)
Der Hut kleidet Madame, hier im Bild mit Mme Bennett und der entzückenden Mlle Josephine, vorzüglich und ergänzte ihr wunderschönes Ensemble aus dem Jahr 1798/99 wunderbar bei einem Besuch auf Herzogin Anna Amalias Landsitz in Tierfurt.
The helmet shaped hat beautifully adorns Madame, in the picture with Mme Bennett and the charming Mlle Josephine, and completed her fashionable 1798/99 ensemble during our visit on Duchess Anna Amalias country estate in Tiefurt.

(copyright F.Robardey)
Zwei geschätzte Reisebegleiterinnen. Madame gemeinsam mit Mme R. im Musikzimmer auf Schloss Tiefurt, das an dem ungewöhnlich warmen Septembertag ein herrlicher Rückzugsort war.
Two much appreciated travel companions. Madame together with Mme R. in the music chamber in Schloss Tiefurt, which was a lovely retreat on that unusually warm September day.