Mittwoch, 22. Januar 2014

Journal Journey into the Year 1811: Januar 'Journal des Luxus und der Moden'



Bereit für ein Abenteuer?
Meine lieben Leser sind herzlich eingeladen!
Künftig wird es hier (bis zum Jahresende) monatlich auf eine Reise gehen, eine Reise in das Jahr 1811.   Nach Paris…nach London…und nach Weimar!
Unter dem Titel „Journal Journey into the Year 1811“ packen Alessandra, Maggie, Natalie und ich die Koffer, wappnen uns mit vier berühmten Modejournalen und werfen einen unterhaltsamen Blick auf das – nicht nur modisch – aufregende Geschehen vor über zweihundert Jahren.
Gemeinsam erkunden wir die verborgenen Schätze auf den Seiten der Journale
„Journal des Dames et des Modes“ aus Paris,
"Ackermann's Repository of arts, literature, commerce, manufactures, fashions, and politics"
und
„La Belle Assemblée oder Bell’s Court Magazine“ aus London
und „Das Journal des Luxus und der Moden“ aus Weimar.
Wir versuchen Modetrends auf die Schliche zu kommen, längst vergessene Stoffbezeichnungen zu entschlüsseln und eigentümliche Begriffe aufzuspüren…ja, es wird hoffentlich sehr viele verblüffende Fußnoten und Anmerkungen geben!
Ready for an adventure?
My dear readers are cordially invited!
From now on till the end of the year we will have a monthly journey, a journey into the year 1811. We’ll go to Paris…to London…and to Weimar!
For the “Journal Journey into the Year 1811” Alessandra, Maggie, Natalie and I will pack our bags, get armed with the four famous fashion journals and take a hopefully entertaining peek to the fashions and daily life more than two hundred years ago.
Together we’ll explore the hidden treasures on bygone pages of the
“Journal des Dames et des Modes” from Paris,
"Ackermann's Repository of arts, literature, commerce, manufactures, fashions, and politics"
and
„La Belle Assemblée oder Bell’s Court Magazine“ from London
and „Das Journal des Luxus und der Moden“ from Weimar.
We’re going to learn more about fashion trends, try to decipher strange terms of fabric and investigate for peculiar terms…yes, there will hopefully be plenty of amazing footnotes and it’s all completely translated into English! (this time not written in italics, but marked in green letters – for a better overview)


Wir hoffen, dass uns zahlreiche Leser bei dem spannenden Abenteuer begleiten und dass wir am Ende der Reise mit mehr Gepäck und vielen Geschichten heimkehren.
We do hope lots of readers will follow us on this exciting adventure and that at journey's end we will hopefully have more luggage and lots of stories to tell upon our return.
 


Journal des Luxus und der Moden Januar 1811
(Herausgeber/Verleger Friedrich Justin Bertuch, Weimar)

1811, Januar, Journal des Luxus und der Moden


IX. Erklärung der Kupfertafeln

Taf 1: Eine Dame im Ball Anzuge, von Berlin erhalten. – Dieser Ball Anzug besteht aus einem Unterkleid von weißem Taft oder Atlas. Darüber ein Oberkleid von himmelblauem Krepp. Der Besatz ist weißer Atlas mit weißem Krepp garniert, entweder einfach oder mit Bouquets von vielfarbigem Ranunkeln. Ebenso ist auch das Diadem. Die Haare in mehreren Flechten rund um den Kopf gelegt, auf der Stirne gescheitelt, und auf beiden Seiten zwei Locken von gleicher Größe.
Taf. 2: Verschiedene neue Kopfaufsätze aus Leipzig.
1. Toque (1) von weißem Atlas und Petinet (2).
2. Hut von Levantine (3).
3. Hut von gelbem brochirten Sammt (4)
4. Bonnets von weißem Atlas und Petinet
5. Modische Chaussure aus Cassel.

****Erklärungen/Anmerkungen***
(1) Hut ohne Krempe oder mit sehr schmaler Krempe
(2) (frz Ursprung) gazeartig gewirktes, geklöppelten Spitzengrund nachahmendes oder bereits mit eingewirkten Dessins versehenes Gewebe aus Seide, feinem Zwirn oder Baumwolle, welches an besonderen Stühlen gearbeitet wird.
(3) (frz Ursprung)  vierbindig geköperter Stoff / auch Fettköper, früher aus der Levante eingeführter Seidenstoff, kommt schwarz und in allen Modefarben, auch gemustert vor, dient zu Damenkleidern, Mänteln, etc.
(4) broschiertes Gewebe ahmt eine Stickerei/Muster nach ist aber mit dem Schußfaden eingewebt

IX. Description of the copper plates


Plate 1: A lady in a ball gown, as seen in Berlin. – This ball gown is made of a slip/underdress (Unterkleid) of white silk taffeta or silk satin. On top the outer/actual dress of celestial crepe. The trim is white silk satin decorated with silk crepe, either simple or with bouquets of polychrome Ranunculaceae (buttercup). As is the tiara. The hair is done in several braids around the head, parted on the forehead, and two curls of the same size on both sides.
Plate 2: Various new headdresses from Leipzig.
1. Toque (1) of white silk satin or petinet (2).
2. Hat made of Levantine (3).
3. Hat made of yellow embroidered velvet (4).
4. Bonnets of white silk satin or petinet.
5. Fashionable shoes from Cassel.

 ***Explanations/Annotations***

(1) Hat without brim or just with a very narrow brim
(2) (French origin) a gaze like made fabric of silk, which mimics a bobbin lace structure, woven from silk, fine thread or cotton on special looms.
(3) (French origin) four-end twilled silk fabric, originated from Levante, is made in black and all fashion colours, even woven patterns, suitable for dresses, coats, etc.
(4) mimics an embroidery, but is actually the weft, which creates the pattern


Journal des Luxus und der Moden Januar 1811

V. Miscellen aus Cassel (Kassel)  im November 1810

Ballkleidung bei Hofe

(Original Textauszug, Anmerkungen folgen dem Text)

…und abends ein glänzender Ball im Pallast (1).
Die Damen waren meist alle in reich gestickten Ballkleidern, deren Form sich seit dem vorigen Jahr wenig geändert, so wie auch der Kopfputz so ziemlich der nämliche geblieben.
Am beliebtesten sind noch die gold und silbergestickten Bänder um das Haar, wovon der untere unmittelbar auf der Stirn liegt. Gewöhnlich werden zwischen denselben Diadems von Blumen getragen.
Die Kleider werden häufig streifig getragen, entweder sind die Streifen im Zeuche, oder noch häufiger durch Band oder Stickerei hervorgebracht.
Die Königin (2) trug ein Spitzengewebe über weißen Atlas; es war mit goldnen Streifen gestickt, dazwischen kleine goldne Federn, unten (Rocksaum) war keine Besetzung.
Um die Brust war das Kleid von Brillantagraffen (3) gefasst;
der Kopfschmuck eine Blumenguirlande von Brillanten, eben so das Brustbouquet.
Eine der Pallastdamen trug ein Kleid, das mit grün und rothen Zweigen in Folie (4) und auch in Streifen gestickt war.
Man trägt auch reiche Toques (5) von gold oder silbergestickten Petinet, die vorn ein Bouquet von fünf oder sieben kleinen Federn haben, und manchem Gesicht ein Minervaähnliches ansehen geben.
Die Winteroberröcke (6) haben jetzt auch ihre Epoche angefangen. Grün und Amaranth (7) sind noch immer sehr beliebte Farben, nur müssen sie nun alle in schwarz nuancieren, welches dem Zeuch einen sammtähnlichen Schein giebt.
Man besetzt sie am häufigsten mit einem eigenst dazu verfertigten gefleckten Felbel (8) der haarig ist und Pelzwerk nachahmt, auch in allen Farben zu haben ist. Hüte oder polnische Mützen dabei, müssen von der nämlichen Farbe sein.

***Erklärungen/Anmerkungen***
(1) ein Ball anlässlich des Geburtstages Jerome Bonapartes, König des Königreichs Westfalens ab 1807
(2) Katharina von Württemberg
(3) eine Schließe/ Spange aus Metall oder aber aus Stoff, welche Stoff umschließt bzw festhält. In der Uniformkunde gebräuchlich um Kokarden am hut zu befestigen
(4) Folie – Goldfolie, Lahn und Plätt?!
(5) Hüte ohne oder mit sehr schmaler Krempe
(6) weder der Begriff ‚Pelisse’ noch ‚Redingote’ wird gebraucht, sondern Oberrock. Dieser Begriff ist sowohl in der Damenbekleidung als auch in der Herrenkleidung gebräuchlich. Das zeitgenössische Wort ‚Rock’ war in der Damenbekleidung auch als Synonym für das Kleid gebräuchlich.
(7) aus der Farbpalette Rot, eher dunkles Rot
(8) Samtartiger Stoff (auch Velpel genannt) mit langem Flor mit Strichrichtung. Kett-Samt oder Echtsamt (im Vergleich zu Schuß-Samt, zu dem z.B. Baumwollsamte zählen). Das Gewebe ist aus Baumwolle oder Leinen, der Flor aus Seide oder Angorawolle (nach: Gustav Schradin, Garne und Stoffe, Stuttgart 1950)

V. Miscellanea from Cassel in November 1811



Fashion of a ball at the court

(Original Text excerpt translated into English and with annotations following at the end of the text)

…and on the evening a ball took place at the palace (1).
The women were dressed in rich embroidered ball gowns, which shape hasn’t changed much since last year, same is to be said about the current headwear.
Most fashionable and favourite are gold and silver embroidered headbands wrapped around the hair, of which the lower rests on the forehead. Usually in between them we see tiaras of flowers.
The dresses are mostly striped, either the stripes are woven into the fabric, or more often emphasized with ribbons or embroidery.
The queen (2) was wearing a lace fabric layered on white silk satin (Atlas), which was embellished with gold ribbon (striped), in between tiny gold feathers, no trim at the hem.
Along the front collar line the gown was framed with cut diamond agraffs (3);
The headgear a flower festoon with cut diamonds, just like the bosom’s bouquet.
One of the ladies in waiting was wearing a dress, which was embroidered with green and red twigs wrapped in film/foil (4) and also with stripes.
Toques (5) with gold or silver embroidered Petinet were in fashion. These had a bouquet of five or seven feathers at the front, which give some faces a similarity to Minerva.
winter’s Oberrock (6) has started it’s season. Green and amaranth (7) are still highly preferred, but they have to have a black shade, which gives the fabric almost a velvet like effect.
These are most often trimmed with a specially made spotted Felbel (8) which is hairy and imitates fur, and is available in all colours. Hats and polish caps have to be of a matching colour.
 

***Explanation/Annotation***
(1) a ball celebrated in honour of Jerome Bonaparte’s birthday (King of Kingdom Westphalia since 1807).
(2) Katharina of Wurttemberg
(3) a clasp or clip made of metal, gold or silver, but also mentioned as made of fabric/ribbon, it keeps the actual fabric in place. In military uniforms it was used to attach the cockade at the hat
(4) probably couched gold or silver made of flattened wire
(5) hats with no or only a small brim
(6) neither the term Pelisse nor Redingote was used – but the term ‘Oberrock’. This term is used in menswear as well as in lady’s wear. In menswear it can be translated as ‘great coat’ and in lady’s wear simply as coat. ‘Rock’ in period lady’s wear was the dress itself.
(7) a dark red shade
(8) warp velvet (velvet pile) fabric with long tufts (similar to silk plush, which is also a warp-velvet: in comparison to weft velvets (velveteen pile) like cotton velvet etc.), imitating fur. The canvas is made of linen or cotton, the tufts/naps of silk or angora wool (after: Gustav Schradin, Garne und Stoffe, Stuttgart 1950)


links/left: "Capote en crepe Amaranthe" Journal des Dames et des Modes An VIII (1799/1800)
(Quelle/source: via pinterest
rechts/right: " Capote en crepe Amaranthe" Fashions of London & Paris during the year 1800, Sir Philipps
(Quelle/source: via Dames a la Mode)

An diesem Beispiel aus einer früheren Dekade zeigt sich, wie Modekupfer von verschiedenen Journalen übernommen wurden.
Bemerkenswert hier ist, dass im originalen Kupfer links aus dem Jahre VIII (1799/1800) aus dem 'Journal des Dames et des Modes' die Farbe 'Amaranth' in einem blassen Rot-Purpur gezeigt wird. Bei einem Blick auf die später erschienene englische Ausgabe im Journal 'Fashions of London & Paris during the year 1800' von Sir Richard Phillips mit gleichem Namen 'Capote en Crepe Amaranth' ist der Farbton ein eindringliches Pink.
Möglicherweise haben die Kupferstecher den Zusatz 'Amaranth' nicht als Farbton aufgefasst, sondern als Bezeichnung für den Stil des Kopfputzes.
Ein frühes Missverständnis?
This example of a fashion plate of an earlier decade, shows how plates have been copied.
Remarkable here is the fact, that the shade of 'amaranthe' is a faded red-purple in the original plate from the 'Journal des dames et des Modes' from the year VIII (1799/1800). The later published english copy of the magazine 'Fashions of London & Paris during the year 1800' by Sir Richard Phillip on the contrary shows a bright pink.
Possibly the addition of 'amaranthe' in the plates description wasn't understood as a colour shade, but rather than the style of the headdress.
An early misconception?


Journal des Luxus und der Moden Januar 1811

VIII.Moden


Modenbericht aus Cassel im Winter von 1810 bis 1811

Die Winteroberröcke (1) werden jetzt häufig von einem feinen wollenen Zeuche getragen, das auch zu Schawls bekannt ist, und Merinos heißt.
Orange, Scharlach und dunkleblau und grün sind die beliebtesten Farben.
Man besetzt sie rundherum mit Hermelin, oder etwas dem ähnliches, auch wird ungeborner Lämmerpelz stark getragen.
Um die Oberröcke von Atlas, Sammt oder Levantine trägt man sehr viel Besetzungen von Felbel, der langhaarig und tigerbefleckt, in allen Farben hier zu bekommen, und nicht sehr teuer ist für den hübschen Effekt, den er macht.
Kleine Hüte oder Mützen von der Farbe des Oberrocks werden dazu getragen, und sind ebenfalls mit Pelz besetzt. Auch trägt man außerdem noch eine Art Mützen von farbigen Levantine oder Atlas, die über der Stirn mit eingelegten Bandstreifen ein Diadem bilden und an der linken Seite eine Spitze, welche die Wange berührt und ein seidenes oder silbernes Glöckchen hat.
Die Ballkleider werden jetzt häufig mit Schmelz (2) durchstickt. Die Schärpen werden von breitem Band getragen, um den Leib in Falten an der linken Seite eine Bandrose, mit hängenden Enden, wovon das eine etwas länger, diese Enden mit fast handbreiten Fransen, entweder von der Farbe des Bandes (welche immer die des Kleides hat) oder mit Gold-, Silber – oder Schmelzfransen besetzt, je nachdem das Kleid gestickt ist.
Ähnliche Schleifen verzieren dann gewöhnlich auch den Kopfputz, der mit Gold-, Silber- und Schmelzbändern 3-4 Mal umwunden ist.
Um den hochstehenden kleinen Chignon (3) windet sich auch eine Art Gürtel und an der linken Seite, nach hinten zu fallend, befinden sich denn die Schleifen mit den Enden, die mit Fransen besetzt sind.
Um den Ausschnitt des Kleides wird jetzt weniger eine gefaltete Tülle gesetzt. Man legt ein Rouleau (4) von Petinet oder dem Zeuch des Kleides, welches in handbreiter Entfernung von kleinen Agraffen von Band oder irgend etwas reichem Zeuch gefasst wird.

***Erklärungen/Anmerkungen***
(1) hier wird abermals der Bergiff ‚Oberrock’ verwendet, nicht etwa Redingote oder Pelisse
(2) möglicherweise Lahn oder Plätt?!
(3) Zusammengesteckter Zopf am Hinterkopf
(4) zusammengefalteter (und röhrenförmig vernähter), aufgebauschter Stoffstreifen/ Verzierung für Aufschläge (Kragen, Ärmelsaum und Rocksaum)


VIII. Fashions

Fashion report from Cassel Winter 1810 to 1811

The winter’s ‘Oberröcke’ (1) are most often worn of a fine woollen stuff, which is known from shawls, and is called merino.
Orange, Scarlet, deep blue and green are the favourite colours.
They are trimmed along all hems with ermine, or something similar, astrakhan is also seen quite often.
The ‘Oberröcke’ made of silk satin, velvet or levantine are trimmed with Felbel, long haired and with tiger pattern, all colours are available, they are not expensive and have a lovely effect.
Small hats and caps of the same colour as the ‘Oberrock’ are worn, which are also trimmed with fur. There’s also a special kind of caps of coloured Levantine or silk satin, which has fabric pleated into a kind of diadem with a pointy edge on the left side, which touches the cheek and is decorated with a silk or silver bell.
The ball gowns are often embroidered with Schmelz (2). The sashs are made of wide ribbons (fabric), pleated round the waist and with a ribbon rose on the left side, the ties with dangling ends, one a bit longer and both with hand-wide fringe, either in the colour of the sash (which is the same as that of the dress) or with gold and silver fringe or flattened wire fringe, depends on how the gown itself is embroidered.
Similar ribbon ties usually adorn the headdress, which is enwinded with gold-, silver or flattened wire 3-4 times.
Around the tiny, set highly on the head chignon (3) is a kind of belt on the left side, showing to the back, are the ties which end in fringe.
Around the collar tulle isn’t in fashion anymore. Usually a rouleau (4) of petinet or the dress fabric is taken, which is adorned with tiny agraffes of fabric or a luxery stuff, that is attached and spaced a hand-wide away from the next all the way around the collar.

***Explanation/Annotation***

(1) again the term Oberrock (frock) is used not the term redingote or pelisse
(2) guess the term could be translated with flattened wire, which is used in embroidery, we do not use the term ‘Schmelz’ but ‘Lahn’ or ‘Plätt’
(3) hair put together in a pony tail on the back of the head
(4) folded (and tubular stitched) and puffy length of fabric/ decoration for hems (collar, sleeve and skirt hem)



1813, Mr Garrick, Introducteur de Modes 

(Quelle/source: British Museum)



Journal des Luxus und der Moden Januar 1811

VIII.Moden


Pariser Moden=Neuigkeiten (aus frz. Blättern)
20. December 1810

Die mit Pelz besetzten Redingoten, die capuchons (1), und Pelzröcke sieht man überall. Anstatt der zarten Grazienfiguren mit schlanker Taille, leichter Tournure (2), und reizenden Attituden erscheinen schwerfällige unförmliche Massen; auch unsere Stutzer in ihren Carricks mit 36 Kragen (siehe Karikatur oben) gleichen einem wandelenden Ungeheuer; doch bei den ersten Winterbällen wird diese grobe Hülle schwinden, und die alte Eleganz wieder vortreten.
Unter den Moden des Haarputzes zeichnet sich die unter dem Namen d’Olympe vom Hrn. Hyppolite erfundene aus, wo die Haarflechten mit vielen Perlenschnuren durchflochten sind.
Man trägt noch immer Spencers, doch nicht mehr zum Putz, öfters sind sie jetzt mit dem Schawl bedeckt. Ferner haben die Spencers and den Sammt-Redingoten mächtige Rivalen; die Zahl dieser Redingoten mehrt sich von Tag zu Tag; sie sind alle mit Pelz garnirt. Auch auf den Redingoten von Tuch (3) trägt man Pelz.

25.December 1810

Eine große Feder vorn auf der Toque, eine Cocarde mit langen Enden auf der linken Seite eines Hutes, das sind beides herrschende Moden. Anfangs trug man die Feder von der Farbe der Toque; jetzt kann man eine Rosa-Feder auf eine weiße Toque, weiß auf eine gelbe Toque, ja selbst zweifarbige Federn, Rosa und weiß, gelb und weiß wählen. Ferner ist bei den Toquen eine Goldstickerei auf Schwarz die höchste Eleganz; die Stickerei ist leicht, und bildet nur eine schmale Bordure. So wie mit Perlen durchflicht man die Haare auch mit Corallen.

Sendung einer Pariser Moden-Handlung 30. December 1810

Für Damen
  1. Drei Hüte von schwarzen Stroh mit gleichen Federn ( Sieben Federn ist die geringste Zahl)
  2. Ein Casquet oder Hut von Sammet, mit langer rückwärts fallender Feder (Eine neueste Schöpfung unserer Künstler- Diese Facon ist sehr glücklich erdacht. Sie ist von guter Vorbedeutung, da unsere Damen durch den Helm der Minerva zum ungewöhnlichen sich erheben)
  3. Eine Toque von schwarzem Sammt mit einer weißen Platt-Feder ( Ceci est du plus haut style)
  4. Ein Mantel von grünem Croisé (4), mit Capuze und Garnirung (Sehr gut um sie, wenn man vom Ball in den Wagen springt, umzuwerfen)
  5. Sechs Spencers und Bonnets mit Rand-Federn (Das ganze von gleicher Farbe, grün, schwarz, violet, weiß, grau, feuerroth)
Für Herren
  1. Zwölf Kleider (Von drei Farben, ecorce de palmier (5) bleu, dos de puce (6). Diese Röcke sind von Catelle)
  2. Drei Pantalons (Ventre de biche (7) von Léger)
  3. sechs Hüte (Halbe Zuckerhutsform, schmale und platte Ränder von Perrin)
  4. Fünf Perücken (Von Michalon. Man kann sie in die Tasche stecken, ohne sie zu zerdrücken)

 ***Erklärungen/Anmerkungen***
(1) mit Kapuzen
(2) der Begriff  'Tournure’ wird hier bereits benutzt
(3) Wolle/Wollstoff
(4) spezielle Köperbindung des Stoffs (Baumwolle), die der Oberfläche leichten Glanz verleiht
(5) ein warmes Braun ins rötliche tendierend
(6) Roter Farbton, ins Purpur gehend
(7)kitzfarben



VIII. Fashions



Parisian Fashion-News (from various french journals)

20th December 1810

The fur trimmed Redingotes, the capuchons (1), and fur trimmed ‘Oberröcke’ are seen everywhere.
Instead of creating delicate grace’s shape with small waists, slight bustle (2) and appealing attitudes, we see clumsy and bulky masses, even our Dandies in their Carricks with 36 collars resemble walking monsters; but with the first winter balls this outer garment will disappear and the usual elegance will be step forward.
among those new hairdos especially the one named d’Olympe and being introduced by Mr Hyppolite stands out, where the hair braids are adorned with pearl braids.
Spencers are still seen, but not as fancy, mostly they are covered by shawls. Furthermore they have true rivals in the velvet redingotes, the number of redingotes increases daily; all trimmed with fur. Even the redingotes made of cloth (3) are trimmed with fur.

25thDecember 1810

A big feather at the front of the toque, a cocade with long tails on the left side of the hat, that’s the latest fashion. In the beginning the colour of the feather matched that of the toque, but now it a rose feather with a white toque, white on yellow, even two-tones, rose and white, yellow and white. Furthermore gold embroidery on a black toque is highly elegant, the embroidery is simple and only a small border. The hair is not only embellished with pearls but also with corals.

Delievery of a Parisian Fashion Shop 30th December 1810

For Ladies:
1. Three hats of black strow with same feathers (Seven feathers are the minimum)
2. A casquet or hat of velvet, with a long feather pointing backwards (a new creation of our artists, which is designed beautifully. It’s wonderful as our ladies wearing the helmet of Minerva become highly extraodinary)
3. A toque of black velvet with a white flat feather (Ceci est du plus haut style)
4. A coat (!) of green croisé (4), with a hood and trimming (Very appropriate to wear on a ball when leaving the carriage)
5. six spencers and bonnets with edge feathers (all of the same colour green, black, purple, white, grey, fire red)

For Gentlemen:
1. twelve dresses (possibly frocks) (Of three colours, ecorce de palmier (5) blue, dos de puce (6). These frocks are made by Catelle)
2. Three pantaloons (Ventre de biche (7), by Léger)
3. six hats (half sugar cone shape, narrow and flat brims made by Perrin)
4. Five wigs (Made by Michalon. You can put them in a pocket, without crushing them)


***Explanation/Annotation***
(1) with hoods
(2) yes, they’ve already used the term ‘bustle’
(3) wool
(4) special twill weave of cotton fabric, which puts a certain shine/glaze on the surface
(5) a reddish brown
(6) Red shade, purple
(7) fawn


Und während sich Deutschland noch im Nachhall des Feiertaumels des könglichen Geburtstags befindet, trauert England...und Frankreich ist uns modisch bereits wieder einen
Schritt voraus.
And while Germany is still recalling the celebrations of a royal birthday, England is in mourning...and France is yet again a step ahead in fashions.

An dieser Stelle gebe ich ab an Alessandra für die neusten Moden aus Paris vom/
And now I like to direct you to Alessandra for the latest fashions of Paris from
und an Maggie für einen Überblick aus London/and to Maggie for an overview from London via
  "Ackermann'sRepository",
sowie an Natalie für die Neuigkeiten vom Londoner Hof/and to Natalie for news from London's court
  "LaBelle Assemblée"

Montag, 20. Januar 2014

Loblied auf die Muse am Nähtisch

Es ist ein offenes Geheimnis, dass nicht nur Übung den Meister macht, 
sondern das Gelingen der Werke nicht minder vom Einfluss einer 
geeigneten Muse abhängt...
...und noch weniger ein Geheimnis ist es, dass meine Muse eine Katze ist!
In dieser Eigenschaft sind Katzen nicht erst seit Beatrix Potters wunderschönen Erzählung
It's more of a well-known and widley spread secret, that not only practice makes perfect,
but that the sucess at the sewing table also depends on the influence of a proper muse...
...and it's even less of a secret, that my muse is a cat!
This characteristic has developed even much earlier than in Beatrix Potter's lovely story "The tailor of Gloucester".
Beatrix Potter, The Tailor of Gloucester and his cat Simpkin
(Quelle/source: Reading, Roses & Proses)

Auch in der Frühromantik wurden Katzen sehr geschätzt und sie finden sich in vielen zeitgenössischen Darstellungen wieder.
Allen voran in den Bildern der Malerin Marguerite Gérard (1761 - 1837).
Was liegt also näher, als eines der herrlichen Kleider zu Ehren meiner Muse am Nähtisch nachzubilden?
In the early romanticism cats were also highly appreciated and we do find them in many
period paintings.
Foremost in the paintings of Maguerite Gérard (1761 - 1837).
What's rather more self-evident than to re-create one of her beautiful dresses in honour of my muse at the sewing table?!

Maguerite Gérard, The cat's lunch (Quelle/source: Musee Fragonard, Grasse via wikimedia)

 Ich liebe dieses Gemälde schon seit langem und das Kleid überzeugt durch schlichte Schönheit mit interessanten Details.
Und es ist bereits alles vorhanden. In meinem Stoffvorrat habe ich einige Meter hübschen Baumwollsatin in eben diesem blau-grauen Farbton entdeckt...
I'm in love for quite a while with this painting and the dress is very convincing in it's sober beauty with all the lovely details.
And it's all ready to start. I've found this stunning shade of blue-grey cotton sateen
in my fabric stash...

...und natürlich bin ich während der Arbeit von meinen Musen Mila und Oskar umringt.
Was kann da noch schief gehen.
...and certainly I'm accompanied by my muses Mila and Oskar while sewing.
Not much to go awry here.

Freitag, 10. Januar 2014

Dringende Geschäfte...an nicht wirklich stillen Orten

Zeitig im vergangenen Jahr (oder war es noch das Jahr davor?), stieß ich am Bildschirm in einer Auktion an ein merkwürdiges, kleines Möbel,
das namentlich als Wäschekorb angepriesen wurde.
Early past year (or was it already prior to that?), I stumbled upon a strange, small furniture at an online auction, which was offered as a laundry box.

 Irgendwelche Vermutungen???
Als fleißige Museumsgängerin mit einem Hang zu kuriosen Alltagsgegenständen, wusste ich natürlich unmittelbar, dass ich meine Schmutzwäsche nicht in diesem Möbel aufbewahren mochte
...und ich wusste auch, dass ich das Stück unbedingt haben wollte!
Fortuna war der gleichen Meinung und seither wartete es in unserem Hause auf eine Restaurierung.
Seit letzter Woche endlich hat das Warten ein Ende
und das Möbel seinen Platz in unserem Haushalt -
genauer gesagt hier:
Any clues yet???
As a keen musuems visitor and quite a strong leaning to curious objects for daily use, I immediately knew that I wouldn't want to keep my laundry in there
...and I also knew I had to have the furniture!
Luckily Fortuna was on my side and ever since it awaited restoration.
Last week it finally was finished
and the piece has a place in our household -
precisely here:

Ja...ja! Ich weiß! Es gibt Dinge, über die redet man eigentlich nicht!
Eigentlich...
Rechts, die heute typische Badkeramik. Links, die nicht weniger formschöne Reisetoilette aus Holz aus dem 1. Quartal des 19ten Jahrhundert.
Well...oh well! I know, right! There are things actually not to talk about!
Actually...
On the right, today's typical ceramics. On the left, the not less shapely portable/travel loo/toilet made of wood from the 1st quarter of the 19th century.

Die sogenannte Reisetoilette (manchmal reiste sie trotz des Namens allerdings nur innerhalb des Hauses von einem Zimmer ins nächste, ohne etwas von der großen weiten Welt zu sehen)
besteht aus Nadelholz und ist mit Nußbaum furniert. Eine doppelte Bandamarketerie läuft zu beiden Seiten über den Deckel und die gesamte Vorder - und Rückseite.
Ähnliche Exemplare finden sich im Herrenhaus des Textilmuseums Cromford bei Ratingen und zuletzt in einer Auktion des Dorotheums.
The so-called travel loo (which actually served more of being a portable toilet moving from one room to another rather than being on journeys) is made of pinewood with a (wal)nut tree veneer. A douled band of inlay runs from the front across the lid and down the backside of the furniture.
Similar examples are at the Manor of the Textile Museum Cromford in Ratingen and recently in an auction at the Dorotheum.

Die Originale dienten uns als Anschauungsmaterial, um das fehlende Innenleben wieder zu rekonsturieren.
The originals helped us to get an idea of the missing interior to restore.
Hinter dem Holzdeckel befindet sich ein emaillierter Eimer.
Behind the wooden lid is an enameled bucket.

Es ist stets eine kleine Ablage neben dem Sitz, wohl für die nötigen Hygieneartikel wie ein Tuch oder Papier?! Oder ein Duftbouquet?
There's always a small compartment left next to the seat, probably for sanitary articles like a piece of cotton cloth or paper?! Or a fragrance sachet?


Und noch ein Blick auf die schöne Marketerie auf der wundervollen und höchst dekorativen Außenseite. 
Bei genauerem Hinsehen wird deutlich, dass das Möbel in der Vergangeheit wohl mal als Sitzmöbel 'missbraucht' wurde. Leider ist der Deckel unter dem Gewicht geborsten und die Marketiere wurde damals notdürftig geflickt.
Wie man's nimmt: Spuren der Vergangenheit. In allem steckt Geschichte.
And a view of the lovely inlay work on the beautiful and highly decorative outside.
On close examination it's unfortunately evident, that someone once has 'misused' this furniture to sit on it. The lid was broken and the inlay was back then mended with simply adding two strips of veneer.
See it this way: traces of the past. There's history in everything.

Dienstag, 7. Januar 2014

Winterhimmelblaue Kapotte

Huiiiii!!!
So schnell ist das neue Jahr schon wieder ein paar Tage alt.
Nach all dem (notwendigen) Müßigang während der Feiertage, bin ich gestern an den Nähtisch zurückgekehrt, um das erste Kleidungsstück des Jahres in Angriff zu nehmen.
Greifen wir nach den Sternen oder zumindest bedecken wir vornehm und kleidsam den Kopf, der in den Wolken schwebt:
mit einer Kapotte!
Und die schlägt auch gleich einen wunderbaren Bogen zu meinem letzten Projekt aus dem vergangenen Jahr. Denn für das komplette Ensemble von wattiertem Rock und Fichu Chemise
fehlte noch die passende himmelblaue Kopfbeckung.
Allerdings muß ich gestehen, dass ich keine wirklich große Zuneigung zu der dazugehörigen Kappe hegte, also erlaubte ich mir im 'Journal des Dames et des Modes' nur wenige Tage zurückzublättern, um mich von dem Modekupfer 168 aus dem Jahre 1799/1800 inspirieren zu lassen.
Wheeee!!!
The new year went quickly into the first days.
After all the (necessary) idleness during the holidays, I've returned to the sewing table yesterday to assemble my first garment for the new year.
Let's aim for the stars or at least find a most suitable and lovely way to cover the head in the clouds:
with a bonnet!
And that particular piece builds a bridge to my last project in the past year. Because the celestial headwear for the padded skirt and fichu chemise was still missing.
But I have to admit, that the matching bonnet did not capture my heart, hence I decided to leaf back a few pages in the 'Journal des Dames et des Modes', to get inspired by the fashion plates No. 168 from 1799/1800.

Journal des Dames et des Modes, Costume Parisien An VIII
168 Chapeaux - Capotes
(Quelle/source: via pinterest)

Die Kopfbedeckung Mitte unten gefiel mir auf Anhieb...und in himmelblauer Seide passt sie gelungen zum dem Ensemble.
Ich benötigte 
- einen halben Meter Seidentaft in besagtem Himmelblau
- ein kleines Stück schwarzen Baumwollchintz und cremefarbene Seide  (Futter)
- ein wenig mehr als zwei Meter altes Samtband (leider weniger breit als in dem Kupfer)
-zwei Haken und Ösen
- Steifleinen für den Schirm
- eine Länge Draht für den Schirm
- Baumwollmolton zum Wattieren
- feines und festes Baumwollgarn
The bonnet in the bottom row (middle) was my first choice...and in celestial blue it would look wonderful with the ensemble.
I used
- half a yard of silk taffeta in said blue
- a small fabric scrap of black cotton chintz and cream taffeta (lining)
- a tad more than 80 inches of antique black velvet ribbon (unfortunately less wide than that in the plate)
- two hooks and eyes
- buckram for the brim
- a lenght of wire for stiffening the brim
- cotton molton for padding
- superfine and common cotton thread

Leider ist das nur ein sehr blasser Eindruck von dem wunderschönen Himmelblau...seufz...
Durch die schmaleren Samtbänder wirkt der Schirm deutlich länger als im Kupfer.
Die Bänder zum Schließen sind an einem Ende am Schirm angenäht und werden dann - überkreuz gelegt - mit dem anderen Ende an der gegenüberliegenden Seite innen eingehakt.
Sadly only a pale impression of the beautiful celestial blue...sigh...
The smaller velvet ribbons make the brim look much wider than in the fashion plate.
The ribbons for fastening are sewn on the edge of each side with one end, while the other end - after crossing both ribbons at the chin - is closed with a hook inside.

Für die Krone wird ein langer Schlauch genäht, in welchen mittig ein Kanal eingenäht wird.
Durch ein Band im Kanal wird der Stoff innen zusammengezogen. Ein Teil wird nach vorne übergeschlagen und am Saum befestigt.
For the crown I've sewn a tubular piece of fabric with a channel stitched in the middle to the inside.
A ribbon is inserted and then pulled together. One lenght of the fabric is then partially attached on the edge of the other lenght.


Und nach all den verwirrenden Beschreibungen 
(leider kann ich kein bebildertes Tutorial anbieten, denn das Licht war am Morgen während des Nähens nicht wirklich kameratauglich), 
noch eine Rückansicht der warmen Kapotte.
And after all the confusing descriptions 
(apologies for no photos/tutorial, but the light in the morning was too bad for taking pictures), 
a back view of the little cosy bonnet. 

 Leider weigert sich meine Kamera inständig, das herrliche Blau widerzugeben.
Es ist ein frühlingshaftes Himmelblau mit einer Andeutung Sommer, aber da wir Januar haben...winterhimmelblau eben!
Unfortunately my camera refuses to give a proper impression of the shade of blue.
It's a lovely spring-like celestial blue with a hint of summer, but as it's January...winter's celestial blue then!